Das sind unsere Argumente

Das Radiostudio an der Schwarztorstrasse 21 in Bern.

Die Geschäftsleitung SRF prüft, die meisten Redaktionen aus dem Radiostudio Bern zum Fernsehen nach Zürich-Leutschenbach zu verlegen. In der Folge soll die Generaldirektion der SRG vom jetzigen Standort Giacomettistrasse ins zentral gelegene Radiostudio an der Schwarztorstrasse umziehen. Zur Zeit werden die Umzugskosten und das mögliche Sparpotenzial berechnet. Die Zahlen werden im Juni dem Verwaltungsrat der SRG vorgelegt.

Die Arbeitsgruppe «Pro Radiostudio Bern» fordert den Stopp der Umzugspläne. Das sind unsere Argumente:

  1.  Spareffekte sind gering: Als die SRG bekannt gab, dass sie die Verlegung des Berner Radiostudios nach Zürich prüfe, war von einem Sparpotential von 10 Millionen die Rede. Es stellte sich schnell heraus, dass dabei auch andere Immobilienprojekte enthalten sind. Auf Nachfrage war dann von ca. 3 Millionen die Rede, manchmal sogar von lediglich 1 Million. Offizielle Zahlen wurden aber auch nach mehrfachem Nachfragen keine präsentiert.
  2. Hohe Kostenfolgen: In Zürich müssen neue Studios erstellt und Unterbringungsmöglichkeiten für die gegen 200 Berner Info-Leute geschaffen werden. Dazu sind Umbauten nötig. Zudem will SRF die Zahl der TV-Korrespondenten massiv erhöhen, die in die Regionen geschickt werden und dort vor allem für Online und für die sozialen Medien arbeiten sollen. Dazu kommen Sozialkosten in unbekannter Höhe. Auch über diese Kostenfolgen erhalten wir keine Auskunft. Und nur nebenbei: In wieweit dieser Ausbau in den Regionen gesetzeskonform ist, ist fraglich.
  3. Glaubwürdigkeit und Vielfalt stehen auf dem Spiel: Die Radio-Informationssendungen belegen seit Jahren in den Glaubwürdigkeits-Rankings einen Spitzenplatz. Im Kampf gegen «No-Billag» hat die SRG damit auch massiv und erfolgreich geworben. Die publizistischen Vorstellungen der SRF-Spitze laufen aber auf eine schleichende Vollkonvergenz von Radio, TV und Online hinaus. Würden Radio, TV und Online im gleichen Newsroom in Zürich produziert, würden sie sich automatisch einander annähern. Im Informationsbereich verschwänden die interne journalistische Vielfalt und die Konkurrenz zwischen Radio und TV. Wohl auch deshalb hat die SRF-Geschäftsleitung noch immer kein publizistisches Konzept auf den Tisch gelegt – auch hier trotz mehrfachem Nachfragen. Fest steht nur: für die Radioinformation sind keine Stellenaufstockungen geplant. Auch dies ein starkes Indiz dafür, dass das Radio in Zürich lediglich die dritte Geige spielen soll, nach Online und TV.
  4. Der Braindrain dürfte zu Qualitätseinbussen führen: SRF will das «Echo der Zeit » und alle anderen Sendungen und Redaktionen nach Zürich verlegen. Als Folge dürfte laut SRF-internen Schätzungen jedeR vierte Angestellte das Unternehmen verlassen. Darunter leidet die Qualität. Ob das dem Willen der 71,6 Prozent entspricht, die «No-Billag» abgelehnt haben?
  5. Die Verankerung im politischen Zentrum würde geschwächt: Die «No-Billag»-Initiative hat gezeigt, wie wichtig die regionale Verankerung für die Legitimation der SRG ist. Wichtig sind die Regionaljournale, aber auch die überregionalen Sender und Sendungen – mit der Kultur in Basel, der Radio-Informationsabteilung in Bern und den Ketten SRF 1 und SRF 3 und dem Fernsehen in Zürich. Eine Verlegung des Berner Radiostudios nach Zürich würde die Verankerung gerade im politischen Zentrum der Schweiz massiv schwächen. Das ist doppelt problematisch, weil Bern als Brückenkopf zur Westschweiz auch in der Romandie eine hohe Akzeptanz geniesst – im Gegensatz zu Zürich.
  6. Zentralisierung von Radio und Fernsehen in Zürich wäre ein fatales Signal: Sollte die SRG die Info-Sendungen von Radio und TV in Zürich zusammenführen, sie würde sich vom Politzentrum abwenden und dem Wirtschaftszentrum zuwenden. Es wäre eine reale und symbolische Herabsetzung der Politik, die wir als äusserst problematisch erachten. Zudem würde eine Zusammenlegung in Zürich auch bei der SRG den Zürich-zentrierten Blick auf die Schweiz verstärken.
  7. Grosser politischer Widerstand: Die Verlegung des Berner Radiostudios hat in der Hauptstadtregion breiten Widerstand ausgelöst. Sollte die SRG die Verlegung trotzdem beschliessen, dann würde sie politische Akteure brüskieren, auf deren Unterstützung sie bei anderen Projekten angewiesen ist.
  8. Die Weiterentwicklung des Radios ist auch in Bern möglich: SRF-Chef Ruedi Matter begründet die Verlegung des Radiostudios neu nicht mehr primär mit dem Sparen, sondern damit, dass Radio zunehmend anders und digitaler konsumiert werde, und dass diese neuen Angebote nur in Zürich entwickelt würden. Untersuchungen der Werbevermarkterin «Admeira» zeigen, dass viele Radiohörerinnen und -hörer sich zwar ein immer stärker auf sie zugeschnittenes Programm wünschen («personalisiertes Radio»), sie aber trotzdem nicht auf das lineare «Live-Radio» verzichten wollen und deshalb täglich das Radio einschalten. Das Radio ist keineswegs tot – und hat Zukunft! Wir sind überzeugt, dass es Innovationen braucht. Diese sind aber nicht vom Standort Zürich abhängig. Auch Spitzenforschung kann dezentral und an verschiedenen Standorten betrieben werden.

Fazit – der Kern des Service Public steht auf dem Spiel: Die Radio-Informationssendungen gehören zum Kern des «Service Public»-Auftrags der SRG. Die einzige öffentlich diskutierte Sparmassnahme setzt aber genau hier an – mit enormen Risiken. Das ist für uns absolut unverständlich.

Zum Abschluss ein Zitat von Hansi Voigt, der sich in seiner in der WoZ publizierten Bewerbung als SRF-Direktor folgendermassen äussert und uns voll aus dem Herzen spricht:

«Ich wäre jedenfalls offen, wenn sich etwa die SRF-Radioredaktion in Bern allenfalls in einem virtuellen Newsroom ab und zu nach Zürich zuschaltet, wie einst bei «Aktenzeichen XY… ungelöst» zu Konrad Tönz. Vielleicht wage ich mich hier ein bisschen weit vor, aber gemäss Organigramm örtlich gefasste Zentralredaktionen erinnern mich im Jahr 2018 nicht an Alexa, sondern an den Telefonrundspruch. Da sparen wir uns lieber die Zügelkosten.»