Stellungnahme zum Interview mit SRF-Direktor Ruedi Matter (Der Bund / Tages-Anzeiger

Im Interview mit den Zeitungen Der Bund, Berner Zeitung und Tages-Anzeiger sagt SRF-Direktor Ruedi Matter:

«Radio wird heute zunehmend anders, digitaler konsumiert. Diese neuen Angebote werden strategisch und technologisch in Zürich entwickelt.»

Matter begründet damit die Pläne, das Radiostudio Bern nach Zürich verlegen zu wollen. Die SRF-Führung wechselt damit die Kommunikationsstrategie. Bis vor kurzem war der Umzug ein Sparprojekt. Jetzt wird es plötzlich ein Innovations- und Technologieprojekt.

Neue Kommunikationsstrategie
Diese Argumentation ist neu und macht uns skeptisch. Ruedi Matter argumentiert rein technologisch und betriebswirtschaftlich. Staatspolitische, medienpolitische (Medienkonzentration in Zürich) und föderale Bedenken spielen in seiner Argumentation keine Rolle.

Folgt man der Argumentation von Ruedi Matter, dann dürfte es auch kein «Radio SRF 2 Kultur» in Basel geben.

Im Interview finden wir keine Anhaltspunkte, wie weiterhin ein vielfältiger Service-Public-Journalismus garantiert wird. Bevor Inhalte auf allen Kanälen verbreitet werden, müssen Themen und Geschichten gefunden, recherchiert und analysiert werden. Hier zeigt sich die journalistische Qualität.

Was heisst, Radio wird «digitaler» konsumiert?
In der Radio-/Audio-Innovation gibt es drei Erkenntnisse:

  1. Quelle: Admeira, «Medien der Zukunft 2022»
    Quelle: Admeira, «Medien der Zukunft 2022»

    Personalisierung wird wichtiger: Die Hörerinnen und Hörer wollen immer mehr ein auf sie zugeschnittenes Programm hören können. Entweder wählen sie selbst aus (z.B. via Podcasts) oder delegieren die Auswahl an einen Algorithmus. Die Herausforderung für ein öffentliches Medienhaus wird hier sein: der Algorithmus muss politisch und ökonomisch relevante Inhalte hoch gewichten können.

  2. Neue Hörästhetik: Eine wachsende Gruppe an Hörerinnen und Hörern sucht qualitativ aufwändig produzierte Inhalte. Diese finden sie meist im Ausland bei jungen Podcastlabel, bei innovativen Radiostationen oder inzwischen auch bei branchenfremden Anbietern wie Zeitungsverlagen.
  3. Quelle: Admeira, «Medien der Zukunft 2022»
    Quelle: Admeira, «Medien der Zukunft 2022»

    Lineares Programm: Bei all dem darf nicht vergessen gehen, das normale lineare Radioprogramm bleibt weiterhin stark. Zu diesem Schluss kommt die Werbevermarkterin Admeira, an der die SRG beteiligt ist.

Innovation dezentral
Sind diese Innovationen vom Standort Zürich abhängig? Nein. Es bleibt schlussendlich ein organisatorischer Entscheid, an welchen Standorten man Innovation betreibt und wo man abbauen will. Alle Innovationen können auch dezentral entwickelt werden.

Technokratisch-autoritär geführte Einheitsstrukturen zerstören den Journalismus.

Quelle Textausschnitte:
«Medien der Zukunft 2022» (Admeira)

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